gap lounge, 2008
transmediale Rauminstallation
mit Computer, Flachbildschirm, Bank und Echtzeit-Klang/Bild-Erzeugung

Computer: Mac Mini,
Flachbildschirm: 65,5 x 100 cm (Bilddiagonale: 107 cm),
Bank: 50 x 120 x 40 cm (H x B x T),
Raummaße: 4,36 x 2,36 x 6,12 m (H x B x T)

im Rahmen des Kunstprojekts 'Blick zurück nach vorn',
Montag Stiftung Bildende Kunst, Bonn

2. August - 14. September 2008



Auf eine zwingend direkte Auseinandersetzung mit der Villa lassen sich Eva-Maria Joeressen und Klaus Kessner ... in ihrer quergedachten ‘gap lounge‘ ein, ... . Die Lounge, die zu den interessantesten Arbeiten der Schau zählt, verschränkt und kontrastiert - auf hohem Reflexionsniveau und nicht ohne ironische Brechung - die räumlich-architektonischen Gegebenheiten mit deren medialer Vermittlung.
Martin Seidel in: Kunstforum international, Bd. 193 September - Oktober 2008, S. 340.

 

 

gap lounge

Raum – Der Raum ist klein, schlauchartig, mit uneindeutigem Charakter. Im Kontext der Villa wirkt er wie ein architektonischer Appendix. Seine Funktion scheint einzig im Ausblick auf das Rheinpanorama zu liegen. Raum-Richtung und Ausblick-Richtung liegen allerdings quer zu einander. Auf dieser besonderen Raum-Situation fußt gap lounge.

Ort – Durch Weißen aller Bestandteile und grauen Filz-Bodenbelag wurde der Raum neutralisiert. Eine Sitzbank – im Material des Bodens - und ein Flachbildschirm sind einziges Inventar. Der Appendix wird zu einer modernen Mönchszelle. Im Zusammenhang mit dem Titel gap lounge entsteht zudem ein ironischer Kommentar zur grassierenden ‘Lounge-Kultur‘ und deren Motto ‘Relaxen, statt Reflektieren‘. Bank und Bildschirm folgen der Raumrichtung. Sie verschließen sich der Ausblick-Richtung: also kein Blick nach vorn/außen, sondern ein Blick zur Seite, zwischen/hinter die Dinge, Lücken suchend, Lücken schließend - mind the gap.

Echtzeit-Klang/Bild - Das Material des Monitorfilms besteht aus Videoaufnahmen von Schritten durch die Villa. Schritte sind eine einfache, aber sehr effektive Methode, Räume zu erkunden. Die Vielzahl der Dimensionen und Proportionen, der Boden-, Decken- und Wandbeschaffenheiten, ergibt ein umfangreiches, spannendes Repertoire an Klängen. Die Verwendung eines Films anstelle von Einzelbildern – wie in früheren Arbeiten – verlagert die Blickrichtung vom Moment zum Kontinuum.

Bespielt wird die gap lounge mit einem für sie entwickelten Echtzeit-’TV’-Programm: Das Schritt-Material der Videoaufnahmen wird aufgebrochen, zersplittert, neu zusammengesetzt. Dabei sind Bild und Ton miteinander verschränkt. Die Rhythmen der Schritte lassen die Bilder pulsieren - die Bewegungen der Bilder formen die Klanggestalt. Der Faktor Zeit - Bindeglied der Zeit-Künste Film und Klang - wird dabei haptisch und flexibel ausgelotet. Vorwärts - Rückwärts, Stillstand - Raserei sind die Pole dieses Wegs, der immer wieder neu und anders beschritten wird.

Fazit - gap lounge entwickelt für das Ausstellungskonzept sowie den vorgefundenen Raum ein künstlerisches Bild der Schnittstelle von Reflexion und Aktion und weist damit weit über den konkreten Sachverhalt hinaus.

 

Allgemeines zur Ausstellung

1998 fand das erste Kunstprojekt der ‘Montag Stiftung Bildende Kunst‘ im öffentlichen Raum statt. Bis Mitte 2008 hatten sich 54 Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland an insgesamt acht Ausstellungen beteiligt. 27 von ihnen kamen zur Ausstellung ‘Blick zurück nach vorn‘ nach Bonn.
Der Titel der Ausstellung war Programm, sie war nach zehn Jahren aktiver Stiftungsarbeit als erste Zwischenbilanz gedacht. Im Zentrum der Ausstellung, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Villa Prieger, dem Sitz der Montag Stiftungen, stand die Villa Ingenohl, eine alte, leerstehende Rheinvilla, die in den gut hundert Jahren ihres Bestehens die unterschiedlichsten Nutzungen erfahren hat, welche in vielen, der heute morbide bis unterkommen wirkenden Räumen, Spuren hinterlassen haben. “Mich interessiert, welche Themen die Künstlerinnen und Künstler an diesem Standort finden und auch, ob und wie sie diese in einen gesellschaftlichen Kontext überführen.“ (Ingrid Raschke-Stuwe, Vorstand der Montag Stiftung Bildende Kunst und Kuratorin der Ausstellung)

siehe auch:
>> www.montag-stiftungen.com/blick-zurueck-joeressen-kessner
>> Dokumentation

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