transIT, 2001
Kunst am Bau-Konzept für die U-Bahnhöfe der Wehrhahnlinie Düsseldorf
im Rahmen eines eingeladenen Wettbewerbs der Stadt Düsseldorf
nicht realisiert
ARGE des Wettbewerbs:
Architektur_Schaller/Theodor Architekten BDA, Köln, Schilling Architekten BDA, Köln
Lichttechnik_Atelier Kress & Adams, Köln
Kunst-Konzept_Joeressen+Kessner, Düsseldorf/Köln
Sowohl die Relativität von Zeit als auch deren Unentrinnbarkeit sind grundlegende Aspekte modernen menschlichen Lebens und Erlebens. Sie treten in vielerlei Ereignisabläufen und Ortsreihungen ins Bewusstsein. Fremdbestimmte Abläufe und kleine Maßeinheiten lassen dabei das unerbittliche Wesen von Zeit, welches allen Orten einen transitorischen Charakter verleiht, besonders deutlich werden.
Eine U-Bahn-Station ist wohl einer der markantesten Orte überhaupt, sowohl die Relativität von Raum und Zeit als auch deren unausweichlich getaktetes Verrinnen zu erleben:
Der Fahrplan wird durch sehr kurze, überschaubare Zeitintervalle bestimmt; lediglich Sekunden und Minuten sind hier von Belang. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die nahe Zukunft exakt gemäß dem Zeit-Plan ereignet, ist sehr hoch, da Fremdeinwirkungen (Wetter, Verkehr etc.) keine signifikante Rolle spielen. Die Wahrnehmung des Raumes wird durch die individuelle Nutzung (regelmäßig, erstmalig, privat, beruflich etc.) und durch die angestrebte Fahrtrichtung halbiert, fragmentiert, ausgeblendet …
transIT visualisiert diese Aspekte. In den geplanten U-Bahn-Stationen sollen bis zu 8 Uhren pro Fahrtrichtung installiert werden. Sie zeigen in digitalen Ziffern Minuten und Sekunden. Auf einer der Uhren ist die konkrete Ortszeit zu sehen. Diese wird von jenen Uhrzeiten flankiert, zu denen die U-Bahn die vorhergehenden Stationen passiert hat bzw. die nachfolgenden passieren wird. Aufgrund unterschiedlicher Organisationsweise und Struktur der 8 geplanten U-Bahn-Stationen sowie der verschiedenen Erscheinungsmöglichkeiten der Uhren ergeben sich Erlebnis-Variationen des Raum-Zeit-Phänomens:
- Bei Stationen mit einem Mittelbahnsteig oder zwei Seitenbahnsteigen können nahezu gleichzeitig (beim Betreten der Station oder durch Umwenden auf dem Bahnsteig) die Vergangenheit des Fahrgastes, der in die entgegengesetzte Richtung fährt, als eigene Zukunft erlebt und umgekehrt die eigene Vergangenheit als die Zukunft des Gegenüber deutlich werden. Je nach gewählter Technik ergibt sich zudem eine Erweiterung der Relativität der Raumwahrnehmung.
- Bei Stationen, die nach der Verteilerebenen in zwei getrennten Röhren organisiert werden, ist in erster Linie der eigene, unausweichliche Zeitfluss Thema.
Die Realisierungsmöglichkeiten von transIT sind vielfältig. Im Zusammenhang mit der Wehrhahn-Linie werden zwei grundsätzliche Konkretisierungen vorgeschlagen:
- In den Stationen Graf-Adolf-Platz und Jan-Wellem-Platz sind Leuchtstoffröhren-Uhrenbänder mit je 8 Uhren vorgesehen. Entsprechend der Fahrrichtung erfolgen die Sekunden-Sprünge der Uhren allerdings nicht synchron, sondern mit einem gleichmäßigen Versatz, wodurch innerhalb des Uhrenbandes die lineare Bewegung forciert wird.
Bei der Station Jan-Wellem-Platz, die in zwei Tunnelröhren organisiert ist, werden die Bänder dabei leicht schräg in die jeweilige Röhre installiert, was eine spiralartige Figur entstehen lässt, die eine zusätzliche Dynamisierung der Röhren bewirkt.
- In den Stationen Kirchplatz und Am Wehrhahn soll eine ganz andere Realisierungsart verwendet werden. Hier bedienen sich die Uhren der Technik der Infoscreens. Die Uhren jedoch liefern authentische, jeden Fahrgast betreffende Inhalte: Neben den Uhrzeiten zeigen die digitalen Ziffern Segmente von Echtzeit-Bildern der verschiedenen Bahnhöfe und Bahnhofsumgebungen. Die digitalen Zahlen sind dabei aber mehr als nur Fenster. Sie werden durch die kontinuierliche algorithmische Fragmentierung und Bewegung der Bilder zu einer Metapher für die je eigene, subjektive Wahrnehmung von Wirklichkeit.
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